Klassiker oder Künstler-Künstler? Gottfried Jäger-Retrospektive im Sprengel Museum

Den Namen kennt Jede*r in der Foto-Szene: Aber wann hat man zuletzt eine größere Ausstellung von ihm gesehen? Der 1937 in Burg bei Magdeburg geborene Gottfried Jäger und seine so genannte “Generative Fotografie” sind nun erstmals seit Jahrzehnten bis 23. April in einer großen Retrospektive im Sprengel Museum Hannover zu sehen.

Gottfried Jäger zählt zweifellos zu den wichtigsten Fotografen und Foto-Theoretikern der Nachkriegszeit in Deutschland. Neben Otto Steinert (Essen) sowie Bernd & Hilla Becher (Düsseldorf) hat Jäger Generationen von Fotograf*innen beeinflusst. Auch durch seine Lehre und seine Symposien an der FH Bielefeld war er international bekannt. Bereits in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte er den Begriff der „Generativen Fotografie“: sie bildet nicht ab, sondern erzeugt mit den technischen Mittel des Mediums neue, ungesehene Bilder. Jäger thematisiert in seinen Werken das Bildermachen, das Entstehen von fotografischen Bildern. Aus diesem Grund wurde er von Bernd Stiegler auch als ein „Fotograf der Fotografie“ bezeichnet.

Nachdem sein Werk lange wenig Beachtung fand, zeigt die Retrospektive die wichtigsten Schaffensformen und -perioden des Künstlers: Auf die abstrakten Arbeiten der sechziger Jahre folgen generative “Lochblendenstrukturen”. Für diese Fotografien nutze Jäger keine Kamera. Er erprobte, wie man allein mit einer oder mehreren Öffnungen ein Bild erzeugen kann. Es folgen farbige Arbeiten, Material-Bilder und digitale Bilder des 21. Jahrhunderts. Die Verbindung zu neueren Ansätzen, wie z.B. von Thomas Ruff, wird dabei offensichtlich.

Ein Begleitprogramm, an dem neben dem Künstler u.a. auch Bernd Rodrian, Thomas Seelig und Bernd Stiegler teilnehmen, läuft parallel zu dieser Retrospektive, die anschließend an das Museum im Kulturspeicher in Würzburg weiter wandert. Außerdem liegt ein umfangreicher Katalog mit Texten von Kathrin Schoenegg, Henrike Holsing und Stefan Gronert vor, der im Kölner Wienand Verlag erschienen ist.

BU: Ursel Jäger, Gottfried Jäger zeigt seine Lochblendenstruktur 3.8.14 F 2.6, 1967, 1968