Microfading Testing – Eine Option für die Fotografie?  

Die Konservierungs- und Restaurierungswissenschaft bedient sich seit Langem naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden, um Materialitäten als Werkbestandteile zu charakterisieren und deren Alterungsverhalten besser abzuschätzen. Dazu zählt auch das Microfading Testing, abgekürzt MFT, welches zunächst vor allem für Kunstwerke auf Papier Anwendung fand. Doch was ist das eigentlich genau?

Vereinfacht gesprochen wird beim MFT mittels einer Lichtquelle eine sehr kleine, in der Regel nicht einmal 1mm große Stelle eines Werkes belichtet und beurteilt, wie schnell diese belichtete Stelle ausgeblichen ist. Demnach lassen sich Rückschlüsse ziehen, bei welcher Intensität und Dauer der Belichtung ein Werk in Ausstellungen merkliche Schäden davontragen würde. Ist dies aber tatsächlich auf die Präsentationspraxis so ohne Weiteres übertragbar? Ein Lichtschaden hängt schließlich von verschiedenen Parametern ab. So sind die Art der Beleuchtungsquelle und damit das emittierte Spektrum des Lichtes vor allem neben der Intensität und Dauer der Belichtung maßgeblich. Auch die umgebenden klimatischen Bedingungen, Kontaktmaterialien und mögliche Schadgase können im „real life“ weitere Effekte ausmachen.

Untermauert das MFT aber nicht ohnehin schon Dinge, die uns Materialitäts-Expertinnen bereits bekannt sind? So wissen wir, dass Farbstoffe, wie im Falle eines chromogenen Farbabzuges oder frühen Tintenstrahldruckes, sehr lichtempfindlich sind. Müssen wir uns diese Empfindlichkeit und die bereits gewonnenen restauratorischen Erfahrungswerte tatsächlich nochmals mit einer Analysemethode bestätigen lassen, um anschließend eine bessere Argumentationsgrundlage zu haben? Zumal die Analysemethode destruktiv ist und einen wie auch immer winzigen Teil des Werkes massiv schädigt. Eigentlich liegt unserer Profession dies mehr als fern.

Immer dann, wenn man es jedoch mit einer unbekannten oder neuen Materialität zu tun hat, kann die MFT-Methode durchaus sehr gute Informationen über die Lichtstabilität derselben geben. Gerade bei Chemigrammen oder anderweitig experimentell (weiter)bearbeiteten Fotografien wäre diese Untersuchungsmethode gut vorstellbar. Demnach würde sie eine erste Orientierung liefern, wie sich derart veränderte Fotografien im Licht verhalten. Daraus resultierend können Belichtungsgrenzen und Ruhezeiten im Depot im musealen Kontext entsprechend gesetzt werden. Lichtschäden, die nicht selten auch nach Ausstellungsende im Dunkeln im Depot fortschreiten, würden somit eher vermieden.

Wir bleiben dabei: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“ und deshalb ist weniger Licht für den Erhalt der Werke eher mehr wert. So stehen unsere Sammlungen auch nachfolgenden Generationen für den Kunstgenuss länger zur Verfügung.

Kristina Blaschke-Walther

…ist Fotorestauratorin und Leiterin Restaurierung am Sprengel Museum Hannover.

 

BU: Abbildung eines MFT-Gerätes im Einsatz, von der Titelseite der Getty Institute-Publikation von Vincent Laudato Beltran u.a. „Microfading Tester: Light Sensitivity Assessment and Role in Lighting Policy“ (2021) (https://www.getty.edu/conservation/publications_resources/pdf_publications/microfading_tester.html)