Ausschlaggebend für die Berufswahl zum „Restaurator*in“, nicht nur im Falle von künstlerischer Fotografie, ist meist die sehr reizvolle praktische Arbeit direkt am Werk. Deswegen unterliegt die „Restaurierung“ gemeinhin immer noch der romantischen Vorstellung, dass die Restaurator*in sich sehr lange im stillen Kämmerlein mit Hingabe einem einzelnen Werk widmet und somit vor allem Einzelrestaurierungen durchführt.
Mit dem musealen Alltag lässt sich diese Vorstellung jedoch nahezu nicht mehr in Einklang bringen. Nur allzu leicht gerät die Restaurator*in im Museumsbetrieb in die Rolle der Bedenkenträger*in, der Spaßbremse oder des Meckerers. Denn wir, die Restauratoren*innen, sagen vor allem, was nicht geht. Wenn auch nur ein geringes Schadenspotential für die künstlerische Arbeit besteht oder Gefahr in Verzug ist, erheben wir unsere Stimme.
Das Bewahren von Materialität bzw. einer musealen Sammlung besteht zu einem Großteil aus präventiven Maßnahmen, der sogenannten präventiven Konservierung. Diese beinhaltet alle das Kunstwerk umgebenden Bedingungen, ohne dass zunächst am Objekt selbst etwas direkt Sichtbares geschieht. Demzufolge ist die Schadensprävention eine, wenn nicht sogar die wichtigste Facette des Berufs. Dazu gehört es beispielsweise ein konstantes Klima zu gewährleisten sowie eine bestimmte Luftqualität bzw. -reinheit, Vorgaben zur Ausstellungsdauer und -beleuchtung festzulegen, besondere Vorsicht beim Art-Handling und beim Transport von Werken walten zu lassen und Vieles mehr. Unsere Aufgabe ist es, vor allem mögliche Schadensursachen für das Werk zu vermeiden. Folglich machen wir Restauratoren*innen das, was wir am besten können: Bedenken äußern und alle Beteiligten anweisen, entsprechend umsichtig zu agieren oder konservatorische Vorgaben einzuhalten.
Nun, entspricht dies wirklich den Tatsachen? Ist es nicht zu einfach, unseren Beruf im musealen Spannungsfeld in eine derartige Schublade zu stecken? Agiert die Restaurator*in heute nicht vielmehr als Sparring-Partner von Kunstschaffenden und Kurator*innen, immer in der Absicht für das Werk die besten Bedingungen hinsichtlich einer möglichst langfristigen Erhaltung zu schaffen? Gerade bei der Präsentation von Kunstwerken kommt uns Erhaltern der Materialität eine wichtige Rolle zu, denn wir versuchen innerhalb eines vorgegebenen Rahmens die konservatorisch bestmögliche Variante für das Werk ausfindig zu machen. Dies wird auch von Künstler*innen häufig wohlwollend goutiert, geht es doch letztendlich um die Unversehrtheit ihrer Arbeiten. Auch wenn anfänglich häufig Unsicherheit und Vorurteile auf beiden Seiten zu einer leichten Skepsis führen, löst sich diese während des Arbeitsprozesses meistens in Wohlgefallen auf.
Dass sich bei der Präsentation von musealen Sammlungen grundsätzlich unterschiedliche Interessen gegenüberstehen, kann nicht negiert werden. Für die Kurator*in ist die Präsentation eines Werkes in einem bestimmen Kontext prioritär, wo hingegen für die Restaurator*in vor allem konservatorische Aspekte vordergründig sind. Die entscheidende Frage ist oftmals, wie beide Zielsetzungen miteinander zu vereinbaren sind? Durch eine wohlwollende und offene Kommunikation lässt sich Verständnis für die Ziele und Bedenken des anderen entwickeln. Mit beiderseitiger Kompromissbereitschaft und einem gesunden Pragmatismus, wobei an dieser Stelle keine konservatorisch fachlichen Abstriche gemeint sind, können die meisten Fragestellungen zielorientiert gelöst werden.
Auch wenn wir Restaurator*innen im Museumsalltag oft ein dickes Fell benötigen, beim Pflegen des Images eines ewigen Bedenkenträgers, und es nicht immer schaffen, unsere Zielstellungen entsprechend geschickt zu kommunizieren, mit einem Augenzwinkern, wir arbeiten daran.
Kristina Blaschke-Walther
…ist Restauratorin für Fotografie am Sprengel Museum Hannover
BU: André Gelpke, Christine mit Spiegel, 1977
Meine Tante ist Restauratorin und liebt ihren Job. Es stimmt, dass selbst wenn nur die Chance von Schadenspotenzial für die künstlerische Arbeit besteht, sie sofort dagegen spricht. Für diesen Job muss man eine besondere Vorliebe für die Kunst haben.