4 Fragen an…Felix Hoffmann

Im vergangenen Jahr hast Du zur Überraschung Vieler nach zahlreichen Jahren C/O Berlin verlassen und bist Direktor des Foto Arsenals Wien geworden. Letztgenannte Institution ist noch in Entwicklung begriffen, existiert temporär im Museumsquartier und soll Ende des kommenden Jahres seine neue räumliche Bleibe finden. Was dürfen wir von dem neuen Wiener Hotspot erwarten?

Ich liebe Baustellen – weshalb ich auch im Oktober 2023 nach Wien gewechselt bin. Aktuell bespielen wir seit Juni 2023 Interimsflächen mit starker internationaler Ausrichtung und Themen, die es in Österreich noch nicht gab. Am finalen Ort werden einige Programme hinzukommen, die den Ort nur als Anker brauchen – die Interaktion mit Kindern und Jugendlichen in Workshops und auch die programmatische Erweiterung digitaler Themen – beides hat mir in Berlin schon besonders Spaß gemacht. Wir werden viel in die Stadt gehen und das Internet als Plattform nutzen.

Ich gehe davon aus, dass das neue Haus keine Sammlung beherbergen, sondern sich auf Wechselausstellungen konzentrieren wird. In Berlin hast Du durchaus inhaltliche Stränge (wie z.B. die Farbfotografie) systematisch verfolgt. Planst Du Ähnliches in Wien?

Das Foto Arsenal wird sich als Wechselausstellungshaus hoffentlich zu einem Zentrum für Diskurse um Lens Based Media und Fotografie in Österreich entwickeln. Dass Du Perlenschnüre erkannt hast, freut mich wirklich sehr – diese waren ja nie groß ausgesprochen. Sie soll es weiter geben. Allerdings ist das Programm noch so ungemacht, dass ich gar nicht sagen kann, in welche programmatische Richtungen wir uns entwickeln werden und sollen. Da die Möglichkeiten in Wien andere sind, wird das Programm hoffentlich an unterschiedlichen Stellen unbequem bleiben.

Ich höre immer wieder Klagen von Fotograf*innen, die meinen, dass sich der Markt für Fotografie sehr verändert habe. Und ich würde bestätigen, dass der Boom der 90er Jahre in der Tat zu radikalen Einschränkungen des Angebotes heute geführt hat. Wie beurteilst Du die Lage auf dem Kunstmarkt?

Als Kulturwissenschaftler sehe ich dem mit großer Spannung entgegen, da mich Fotografie immer auch aus seiner Anwendung in allen möglichen Facetten interessiert hat – mehr als mit einer ökonomischen Brille. Fotografie hat sich in den letzten Jahren noch einmal stark verändert und ist zu einem Kommunikationswerkzeug und einer eigenen visuellen Sprache geworden, die neu dekodiert werden muss. Das führt auch dazu, dass jeder meint etwas zum Medium beitragen zu können. Wir leben in einem postfaktischen Zeitalter, in dem weniger Tatsachen als emotionale Welten an eine Realität rückzubinden sind – beispielsweise sind an die Stelle von vermeintlichen Wahrheiten Emotionen gerückt. D.h. auch dass sich Marktmechanismen grundlegend ändern oder geändert haben.

Hast Du in den letzten Wochen und Monaten (vielleicht sogar in Wien) eine Neuentdeckung gemacht, die Dir buchstäblich die Schuhe ausgezogen hat? Oder kannst Du uns eine alte, aber neu zu entdeckende Position empfehlen?

Eine Position über die ich vor der Pandemie schon gestolpert bin und die wir aktuell in Wien zeigen ist die junge japanische Künstlerin Mari Katayama. Sie arbeitet an der Schnittstelle zwischen Skulptur, Video, Malerei und auch Fotografie. Dabei bindet sie ihren Körper auf unterschiedliche Weise ein und reflektiert diesen – auch im Hinblick auf gesellschaftliche Fragen und (Blick-) Konventionen gegenüber ihrem eigenen und gegenüber Menschen mit physischen Beeinträchtigungen. Ein absoluter Glücksfall sie erstmals im deutschsprachigen Raum in einer Einzelausstellung vorstellen zu können, bevor sie im Herbst dieses Jahres im Dialog mit anderen Positionen wie Louise Bourgoise in der Tate Modern und im kommenden Jahr im V&A in London ausgestellt wird.

Mit bestem Dank an…

Felix Hoffmann

…ist Artistic Director des Foto Arsenal Wien

BU: Michael Dooney: Felix Hoffmann, 2020

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