Vom Verblassen der Farbstoffe, #2: Neuproduktion als Konservierungsstrategie?

Die mangelnde Alterungsbeständigkeit von chromogen entwickelten Farbabzügen ist an sich nichts Neues und Beteiligten wie Fotokurator*innen, Künstlern*innen, Produzent*innen, Privatsammlern*innen und Fotorestaurator*innen bestens bekannt. Dennoch scheint sich aktuell im Umgang mit dieser Thematik eine Trendwende abzuzeichnen, insofern, dass sich die beteiligten Personengruppen rege miteinander austauschen und gemeinsam bemüht sind, eine Lösung bzw. eine Strategie betreffend die Langzeiterhaltung dieser Materialität zu entwickeln.

Bereits im vergangenen Jahr gab es im San Francisco Museum of Modern Art ein Symposium mit dem Titel „The Artist Initiative Symposium on Photography: Reprinting Color Photographs as a Preservation Strategy“. Ausführlich wurden hier bereits die verschiedenen Standpunkte der Beteiligten dargelegt und diskutiert. Auch im deutschsprachigen Raum gewinnt das Thema zunehmend an Relevanz, wie am 18. Januar in der Filmwerkstatt Düsseldorf im Rahmen des 3. Arbeitstreffens der Fachgruppe Fotografie, Film und audiovisuelles Kulturgut des Verbandes der Restauratoren. In Form einer Podiumsdiskussion wurden die verschiedenen Positionen zur Thematik aus Sicht von Künstler*innen, Produzent*innen und  Restaurator*innen beleuchtet. Wie sieht Ihr Arbeitsprozess diesbezüglich aus? Was ist ihrer Meinung nach der kritische Punkt bei einer Neuproduktion? Wie stehen sie dazu, das Original zu zerstören? So lauteten nur einige Fragen, die im Rahmen der Podiumsdiskussion erörtert wurden und je nach Hintergrund der Diskutierenden unterschiedlich beantwortet wurden. Deutlich wurde, dass sicherlich zwischen dem freien Kunstmarkt und einer öffentlich-institutionellen Sammlung differenziert werden muss.

Im Sinne des Erhalts originaler Materialität tun sich Institutionen, wie auch das Sprengel Museum Hannover, schwer damit „Erstversionen“ eines chromogenen Farbabzuges durch eine Neuproduktion zu ersetzen, geht es doch letztendlich auch immer darum, Originalmaterial aus der jeweiligen Herstellungsperiode zu erhalten und somit auch ein Zeugnis des damals verwendeten Materials zu bewahren. Demnach wäre es nur logisch, alle Versionen einer Arbeit fortlaufend zu sammeln, ohne dass Originalmaterial zerstört oder entsorgt werden muss. Diese Praxis wäre auf dem freien Markt jedoch äußerst strittig, denn streng genommen wird derart die Auflage eines künstlerischen Werkes erhöht, was nicht zuletzt auch juristische Konsequenzen hätte. Zugegebenermaßen sind hier die gesetzlichen Rahmenbedingungen betreffend die Thematik bereits eine Herausforderung, obliegt Künstler*innen zusätzlich das Urheberrecht an einer fotografischen Arbeit sowie das Recht auf Schutz vor Entstellung seines Werkes.

Die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Beteiligten unter einen Hut zu bekommen, wird wahrlich nicht einfach. Dennoch zeichnet sich momentan die Bildung einer Arbeitsgruppe bestehend aus Teilnehmer*innen der verschiedenen Disziplinen ab, um eine Richtlinie betreffend die Neuproduktion von Fotografien zu entwickeln. Positiv ist hier vor allem der Austausch unter allen Beteiligten, hilft er doch enorm, die Bedürfnisse und die Priorisierung des anderen zu verstehen, letztendlich mit dem gemeinsamen Ziel nachfolgenden Generationen eine Idee der originalen Farbigkeit von derartigen Fotografien zu überliefern, ohne dabei Originalmaterial und dessen Erhalt zu vernachlässigen.

 Kristina Blaschke-Walther

…ist Restauratorin für Fotografie am Sprengel Museum Hannover

 

BU: Gisèle Freund, Walter Benjamin, Paris, 1938, Chromogener Farbabzug, 1970er Jahre

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