Die Objekte der aktuellen Spectrum-Preisträgerin Frida Orupabo sind im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtig. Dies betrifft nicht allein die kunstwissenschaftliche, d.h. die inhaltliche Ebene, sondern vor allem auch den Aspekt der fotografischen Materialität.
Mehrere Schichten Tintenstrahldruck sind für jedes Objekt einem stofflichen Schnittmuster gleichend ausgeschnitten; sie folgen dabei der wiederzugebenden Form. Zumeist handelt es sich um Personen mit oft mehreren Gesichtern, Gegenständen oder Tieren. Verschiedene bedruckte Papierschichten wurden durch die Künstlerin sorgfältig übereinander arrangiert. Mit Spreizklammern, welche man sonst eher aus dem alltäglichen Kontext bei Büchersendungen der Post kennt, werden die Tintenstrahldrucke übereinander positioniert und fixiert. Häufig sind die formal irregulären, leicht überstehenden Werke sodann noch einmal auf einem dimensionsstabilen Träger aus Alu-Dibond oder Karton montiert, so dass die Aufhänge-Vorrichtungen daran befestigt werden können.
Doch was ist bei dieser Art fotografischer Materialität aus konservatorischer Sicht so besonders? Die offenen Oberflächen der arrangierten Tintenstrahldrucke erhalten durch die ungerahmte, unverglaste Präsentationsweise eine Unmittelbarkeit, die durchaus gewisse Risiken mit sich bringt. Besonders in den dunklen Bildbereichen sind die matten Tintenstrahldrucke hochempfindlich gegenüber mechanischer Einwirkung, welche unweigerlich zu Glanzspuren und Kratzern führt. Ja, da ist sie wieder, die Haltung der ewigen Bedenkenträgerin, welche die Restaurator*innen fast gar nicht mehr ablegen können. Ihr wird in der Ausstellung versuchsweise mit entsprechenden Abstandsmarkierungen auf dem Boden und gut geschultem Aufsichtspersonal begegnet.
Auch das leichte „Überstehen“ der Tintenstrahldrucke über dem dickeren, dimensionsstabilen Träger führt zu einem erschwerten Handling der Werke bei der Bewegung der Bild-Objekte. Schon bei der kleinsten Berührung am Rand laufen die Tintenstrahldrucke Gefahr, Knicke zu erhalten, so dass die Arbeiten bestenfalls nur an der dimensionsstabilen Rückwand angefasst werden, eine wahre Herausforderung für jeden Arthandler.
Die Hängung derartiger Objekte ist ebenso herausfordernd. So gibt es oft keinerlei gerade Kante an den Objekten, die eine Orientierung für Bemaßungen zum Hängen der Objekte deutlich erschweren. In vielen Fällen muss mit individuell anzufertigenden Schablonen aus Folie oder Karton gearbeitet werden, welche die Positionierung und Hängung auf der Wand deutlich vereinfachen.
Trotz all dieser Widrig- und Empfindlichkeiten haben diese Arbeiten eine wunderbare, faszinierende und unmittelbar wirkende fotografische Materialität, die nicht zuletzt eine gewisse Fragilität transportiert. Diese kann noch bis zum 20. Juli 2025 in der Ausstellung „Frida Orupabo – Spectrum Internationaler Preis für Fotografie der Stiftung Niedersachsen“ im Sprengel Museum Hannover bestaunt werden.
Kristina Blaschke-Walther
…ist Fotorestauratorin und Leitung Restaurierung am Sprengel Museum Hannover
BU: “On her mind”, 2022, von Frida Orupabo, 255 x 78 x 5 cm, Tintenstrahldruck und Spreizklammern (Foto: Kristina Blaschke-Walther)