Die einfachsten Fragen sind häufig am schwierigsten zu beantworten – aber stellen sollte man sie, auch jenseits der Kindheit, ab und zu dennoch.
Nicht zuletzt den Produzierenden, die von der Fotografie leben wollen, dürfte sich die Frage nach dem Markt eines Mediums aufdrängen, das sich im Internet schwer tut Eigentumsrechte bzw. Urheberrechte zu behaupten, aber auch in seiner materiellen Form von der viel gefürchteten „Bilderflut“ bedroht scheint, denn in der Marktwirtschaft schafft bekanntlich die Verknappung Werte. Und aus der Perspektive der Sammelnden kann sich umgekehrt die Grundsatzfrage stellen, warum man in einer solchen Situation überhaupt Fotografie kaufen sollte?
Zugegeben: das klingt alles schon jetzt kompliziert und da das Medium im Alltag schon so allgegenwärtig ist, bedarf es an dieser Stelle noch einmal den differenzierenden Hinweis darauf, dass sich unser Blog mit künstlerischer Fotografie allein beschäftigt – und dies ist nur ein sehr kleines Feld, das weder besser noch hochrangiger als die Mehrzahl fotografischer Produkte ist, sondern einfach anders. Damit wird aber auch die Frage des Marktes klarer, denn dieser beschränkt sich auf den Kunst-Markt.
Wirklich überschaubar ist dieser freilich auch nicht immer. Ich differenziere im Folgenden einfach strukturell und unterscheide einmal zwischen drei Sammlungs-Arten: Da sind zunächst einmal die Privat-Sammlungen, die Fotografie kaufen. Der „Boom“ des Kunstmarktes, der sich spätestens in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, übrigens parallel zu dem der Fotografie, ergeben hat, brachte nur eine überschaubare Zahl wirklich großer Privat-Sammlungen hervor. Sie haben sich – vielleicht eine Frage der Selbstbestätigung? – nicht selten mit öffentlichen Sammlungen verbunden oder mit denen kooperiert. Zu nennen wären etwa die Sammlungen von F.C. Gundlach, Thomas Walther, Michael Ringier, Frank Wemhöner, Ingvild Goetz, Maja Hoffmann oder Artur Walther. Schon anhand dieser namentlichen Liste von Groß-Sammlungen, die man bei einigem Nachdenken auch noch durch quantitativ kleinere Sammlungen verlängern könnte, merkt man sofort: Kaum eine Person hat bislang ausschließlich Fotografie gesammelt. Sieht man es positiv, darf man die Schlussfolgerung ziehen: das Medium ist im Konzert der Künste angekommen!
Die zweite Gruppe der Fotografie-Sammlungen verläßt den Fokus auf (private) Individuen und geht über zur institutionellen Käuferschaft. Dabei ist noch einmal zu differenzieren, nämlich zwischen öffentlichen und halböffentlichen bzw. privatwirtschaftlichen Sammlungen. Die öffentlichen, also musealen Sammlungen sind bekannt und haben nach ihren quantitativ überschaubaren Anzahl in den siebziger Jahren in Europa besonders seit den neunziger Jahren eine nicht unerhebliche Erweiterung erfahren. Im deutschsprachigen Raum nenne ich lediglich das Folkwang Museum Essen, Museum Ludwig Köln, Münchener Stadtmuseum, Berlinische Galerie, Sprengel Museum Hannover, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Albertinum, Wien, Museum der Moderne Salzburg, Lentos Museum Linz und das Fotomuseum Winterthur. Sicher ist, das es infolge dieser Auflistung einige böse (eifersüchtige) Hinweise auf vergessene Institutionen geben wird – aber das dürfte wohl bei jeder Aufzählung unvermeidbar sein.
Vergleichsweise jünger, aber quantitativ nicht immer kleiner, da finanziell oft sehr potent sind die halbinstitutionellen, vielfach durch Unternehmen begründeten Sammlungen, welche künstlerische Fotografie sammeln. Erneut diskriminiere ich mit einer Liste, die sich auf umfangreiche Sammlungen beschränkt, wenn ich die DZ Bank Kunststiftung, Frankfurt, die Photographische Sammlung der SK Stiftung Kultur, Köln die Niedersächsische Sparkassenstiftung, Hannover, die Sammlung Deutsche Börse, Frankfurt, die Sammlung Verbund, Wien und die Sammlung UBS, Zürich nenne.
Und wem nützt nun dieser Versuch einer Übersicht? Vielleicht nur weiteren Anstrengungen…
Stefan Gronert
…ist Kurator für Fotografie am Sprengel Museum Hannover