Jeff Wall in Mannheim

Ein neues Gebäude, eine neue Ausstellung eines der wichtigsten Fotografen der vergangenen vierzig Jahre – das lohnt sich immer, sollte man denken.

Und so ist es: noch bis 9.9.2018 ist im Erdgeschoss des lichtdurchfluteten Anbaus der Mannheimer Kunsthalle, der das historische Haupthaus zum sympathischen Anhängsel degradiert, eine Einzelausstellung von Jeff Wall zu sehen. Worum geht es dabei? Der Titel „Appearance“ enthüllt noch nicht viel vom Konzept der Präsentation der etwa 30 großformatigen Bilder des Kanadiers. Seine Werke sind weitgehend bekannt und so fragt man gespannt nach einer inhaltlichen Präzisierung des Ausstellungskonzepts, welche das Museum mit etwas dürftigen Worten wie folgt erläutert: „In der Kunsthalle Mannheim liegt ein besonderer Fokus auf Konstellationen, die das fotografische Medium in Form einer Spurensuche präsentieren. Neben Dialeuchtkästen und Schwarz-Weiß-Fotografien werden als dritte wichtige Werkgruppe seine farbigen C-Prints gezeigt. Die mit internationalen Leihgaben bestückte Schau ermöglicht einen neuen Blick auf Arbeiten des Künstlers, die bisher selten in Ausstellungen gezeigt wurden.“

Viel schlauer wird man mit solch allgemeinen Aussagen nicht wirklich, während man in der Ausstellung doch einige thematische Blöcke (z.B. Bildliche Selbstreflexion, Absorption, Arbeit) erkennen kann. Historisch ist der Bogen der Ausstellung, beginnend mit dem legendären „Picture for Women“ (1979) bis hin zu neusten Arbeiten wie „Maskmaker“ (2015) dabei breit aufgespannt.

Strategisch ist die Auswahl Walls für die Eröffnungspräsentation des Hauses sicherlich auch klug gewählt, da die Kunsthalle mit dem berühmten Bild der „Erschießung des Kaisers Maximilians“ von Edouard Manet in der Sammlung einen wichtigen Referenzpartner des Denkens von Jeff Wall prominent präsentieren kann. Das aber ist eine quasi subkutane Begründung, die sich nur dem Experten erschließt und ansonsten nicht offensiv ausgespielt wird. Das macht aber nichts, denn eine Begegnung mit den Originalen des vielfältigen Meisters der Einzelbilder (von Jean-Francois Chevrier seit den späten 80ern als „Tableau“ bezeichnet) ist immer eine innerdeutsche Reise wert.

Dies gilt umso mehr, weil diverse in Mannheim ausgestellte Bilder bislang selten oder noch gar nicht in Europa zu sehen waren. Beeindruckend sind hier das formal bereits irreguläre Diptychon „Summer Afternoons“, das motivisch nicht minder verstörende Triptychon „Staircase & two rooms“ und auch das verblüffende „Changing room“ – großformatige Bilder, die gerade auch in Anbetracht der Originale rätselhafte Dimensionen eröffnen, die in dem begleitenden Katalog mit den durchweg lesenswerten Texten von Bernd Stiegler, Jean-Francois Chevrier und David Campany auch schön aufgenommen werden. Also: auf zur Mannheimer Erscheinung!

 

BU: Jeff Wall, Maskmaker, 2015

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