Digitale Daten im Werkkontext – Eine Herausforderung?

Kommen heute Fotografien in eine Sammlung, sind dies in vielen Fällen Digitaldrucke oder digital ausbelichtete Materialien. Neben den geprinteten Werken gibt es jedoch eine weitere Ebene von Materialität, ohne die eine Entstehung des Bildes nicht möglich wäre, die digitalen Daten. Doch was ist fotokonservatorisch gesehen die Herausforderung bei diesen?

In der Ausbildung von Fotorestaurator*innen stehen meist analoge Materialien und Objekte im Mittelpunkt. Der Erhalt von Daten wird vergleichsweise rudimentär in der Ausbildung behandelt. Zudem ist diese Thematik Studieninhalt von auf „time based media“ spezialisierte Kolleg*innen. Doch lassen sich diese beiden Spezialisierungen tatsächlich so voneinander trennen?

Ein Beispiel für die Zusammengehörigkeit der beiden Ebenen von Materialität ist die Diainstallation „Mémoires“ von Seiichi Furuya. Mit 4 Diakarussellen werden jeweils 80 Bilder in definierten zeitlichen Abständen an die Wand projiziert. Doch wo sind bei dieser analogen Projektionstechnik Daten im Spiel? In Folge der starken Lichteinwirkung durch die vergleichsweise lang andauernde Projektion während einer gesamten Ausstellung ist eine Veränderung der farbigen Diamaterialien unvermeidbar. Durch eingesetzte Bewegungsmelder lässt sich der Lichteintrag zwar reduzieren, doch werden im Laufe der Zeit dennoch Farbveränderungen auftreten. Der Künstler hat dies bereits mitberücksichtigt und beim Ankauf der Arbeit gleichermaßen digitale Daten für ein mögliches Reprinten der Dias bereitgestellt. Als weiteres Beispiel sei Wolfgang Tillmans genannt, der beim Ankauf seiner Digitaldrucke neben einer Farbreferenz auch die digitalen Daten für einen Reprint mitliefert, so dass die Sammlungen auch später noch in der Lage sind, die Werke im Sinne Tillmans zu erhalten und zu präsentieren. Darüber hinaus ist das heutige “Negativmaterial” beim Eingang von Künstler*innen-Nachlässen oftmals digital und eher auf einer Festplatte zu finden als in Schutzhüllen und Kartonboxen.

Dies bedeutet jedoch, dass neben dem Depot für analoge Materialität ebenfalls ein Depot für digitale Daten bereitgestellt werden muss. Im digitalen Depot spielt neben der Sicherheit auch die Redundanz des Speichermediums eine große Rolle. Die notwendige, fortwährende Migration der Daten aufs aktuellste Dateiformat ebenso wie der circa alle 5 Jahre notwendige Tausch der Hardwarekomponenten des Speichermediums. Werden Aspekte der Nachhaltigkeit mit bedacht, ist zudem die andauernde Kühlung von Serverräumen, in denen Laufwerke zur Datenspeicherung beheimatet sind, ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Diese Thematik ist und bleibt für viele Institutionen eine Herausforderung, nicht zuletzt weil das Know-How durch Spezialist*innen für die Datenarchivierung in house fehlt und entsprechende Ressourcen nicht zur Verfügung stehen.

Eines ist klar, Daten sind aus der zeitgenössischen fotografischen Materialität keinesfalls mehr wegzudenken und müssen auch bei Erhaltungsstrategien für fotografische Sammlungen mitberücksichtigt werden. Dies sollte sich auch in der Ausbildung von Fotorestaurator*innen heute niederschlagen.

 

Kristina Blaschke-Walther

…ist Fotorestauratorin und Leitung Restaurierung am Sprengel Museum Hannover.

BU: Teilansicht der Dia-Installation „Mémoires“ von Seiichi Furuya, 2012, Sammlung Niedersächsische Sparkassenstiftung im Sprengel Museum Hannover (Herling/Herling/Werner)