4 Fragen an…Linda Conze

Du bist nun bereits im vierten Jahr Kuratorin für Fotografie am Düsseldorfer Kunstpalast – eine ganz neu eingerichtete Stelle und Abteilung. Kannst Du uns kurz die Infrastruktur beschreiben, mit und in der Du arbeitest?

Der Kunstpalast verfügt über sieben Sammlungsbereiche: Die Gemäldegalerie, die Bereiche Moderne, Graphik, Glas, Skulptur und angewandte Kunst, Zeitbasierte Medien und den 2019 gegründeten Bereich Fotografie, den ich leite. Alle Abteilungen arbeiten derzeit gemeinsam an einem ganz neuen Sammlungsrundgang, den wir im Sommer eröffnen werden, wenn der Umbau des Hauses abgeschlossen ist.

Die fotografische Sammlung umfasst etwa 3.500 Werke, und sie wird fortlaufend durch Erwerbungen erweitert, im letzten Jahr zum Beispiel durch Arbeiten von Friedl Kubelka, Rebecca Racine Ramershoven, Philipp Goldbach und Barbara Kasten. Neben unseren eigenen Beständen bin ich für die fotografische Sammlung der Stadtsparkasse Düsseldorf im Kunstpalast zuständig, die wir 2022 um eine Color Study von Jan Dibbets ergänzt haben. Mit mir arbeitet im Moment Ellen Haak als Volontärin in der Abteilung. Sie wirkt an der Sammlungsbetreuung wie auch den kommenden Ausstellungen mit. Ihr Volontariat wird vom Freundeskreis des Kunstpalastes ermöglicht – das ist natürlich super!

Promoviert hast Du über Fotografie der Weimarer Zeit? Wie würdest Du Deine sonstigen Interessen (auch im Hinblick auf zukünftige Ausstellungen) beschreiben?

Fotografie interessiert mich zeitübergreifend vor allem dahingehend, auf welche Weise sie Gesellschaft formt. In meiner Dissertation frage ich danach, wie das Medium den Übergang zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus, also zwischen Demokratie und Diktatur mitgestaltet hat. Und das nicht nur im Sinne eines Werkzeugs, wie Pierre Bourdieu es in seinen Schriften über die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie verstanden hat. Mich interessiert die Fotografie als Medium im Wortsinn. Die Frage, wie Bildtechnologien das Soziale bestimmen, finde ich spannend, historisch wie auch gegenwärtig. Ein anderes Thema, das mich gerade beschäftigt, ist das Potenzial der Fotografie, die Gestalt zu wechseln, leichtfüßig vom Screen an die Wand und ins Buch zu springen, auf riesige Formate anzuwachsen, aber auch zum Thumbnail zusammenzuschrumpfen.

In der Foto-Szene ist die Frage nach der Repräsentanz ostdeutscher Position gerade ein viel diskutiertes Thema. Obwohl Du aus dem Westen stammst und dort arbeitest, bist Du davon ja auch nicht ganz unberührt, zumal Du gerade eine Ausstellung von Evelyn Richter gezeigt hast. Wie ist Deine Haltung zu dem aktuell diskutierten Themen-Komplex? 

Die Bildproduktion von in Ostdeutschland sozialisierten Fotografinnen und Fotografen wurde vom Kunstmarkt wie auch von Ausstellungshäusern lange vernachlässigt. Es ist gut, dass sich das zunehmend ändert. Wichtig finde ich dabei, den Osten nicht a priori als Gegenstück zum Westen zu begreifen, sondern im Sinne einer Verflechtungsgeschichte vielmehr zu fragen, was das eine mit dem anderen zu tun hat und wie Werke und ihre Geschichte auch international eingeordnet werden können. Es gibt da noch viel zu entdecken. Die Recherchen zum Werk von Evelyn Richter, die ich gemeinsam mit den Kolleg:innen vom Leipziger Museum der bildenden Künste und dem Verlag Spector Books unternommen habe, haben Überraschendes zutage gebracht. Es war eine Freude, an diesem Projekt zu arbeiten. Und das Düsseldorfer Publikum hat es sehr gut angenommen. Es war schön zu beobachten, wie die Besucher*innen und Besucher sich auf etwas für sie ganz Neues eingelassen haben.

Düsseldorf und sein Umfeld bieten viele Begegnungen mit neuer und jüngster Fotografie: Welche künstlerische Position hast Du zuletzt für Dich neu entdeckt?

Letztes Jahr im Frühling habe ich Rebecca Racine Ramershoven in ihrem Atelier in Essen besucht und habe den Austausch mit ihr genossen. Sie beeindruckt nicht nur durch ihre besondere Bildsprache und präzisen Konzepte, sondern spricht auch sehr erhellend über ihre Arbeiten. Ich bin gespannt, wie es bei ihr weiter geht. Das Gleiche gilt für Donja Nasseri, die letztes Jahr ihr Studium an der Kunstakademie Düsseldorf abgeschlossen hat und für Johann Husser der sein Diplom an der KHM in Köln gemacht hat. Und mal sehen, was die nächsten Rundgänge und Abschlussausstellungen so zutage fördern, die ja kurz bevorstehen.

Mit bestem Dank an

Linda Conze

…ist Kuratorin für Fotografie am Kunstpalast, Düsseldorf