Hiermit beginnen wir im Sprengel Foto-Blog eine neue Rubrik, die wir einmal monatlich anbieten und die auf einem ganz simplen Prinzip beruht: Unterschiedlichen Akteur*innen der Foto-Szene stellen wir vier individuelle Fragen. Unsere Reihe startet mit Anna Gripp.
Die Anzahl der Bücher und Magazine nimmt, wenn der Eindruck nicht trügt, in den letzten Jahren ab: Wie sieht eine Zukunft für die PHOTONEWS aus?
Anna Gripp: Noch kann ich eine Reduktion von Zeitschriften- und Fotobuchtiteln nicht bestätigen. Ein Blick in eine Bahnhofsbuchhandlung lässt einen schwindlig werden und anders als z. B. bei Musikzeitschriften gibt es in der Fotografie hierzulande immer noch eher neue Titel als Einstellungen. Darunter aber auch immer wieder ambitionierte Projekte, die zuweilen nach 1-2 Ausgaben wieder eingestellt werden. Und bei den Büchern lässt der Strom nicht nach, solange Fotografinnen und Fotografen institutionelle Unterstützung für die Finanzierung erhalten oder selber etliche Tausend Euro auf den Tisch legen oder erfolgreich ein Crowdfunding betreiben…
Aber natürlich machen wir uns bei PHOTONEWS Gedanken über die Zukunft. Die „Konkurrenz“ zur Informationsquelle Internet schreckt uns weniger, weil das Gedruckte nach unserer Erfahrung generationenübergreifend weiter geschätzt wird. Sorgen macht da eher die Frage des Vertriebes. Dieser ist in den über 30 Jahren, die wir PHOTONEWS nun machen kontinuierlich teurer und, was die Zustellung durch die Post betrifft, schlechter geworden.
Wir sind aktuell dazu angehalten wenige persönliche Begegnungen zu tätigen, die Museen sind geschlossen: Welchen Effekt hat dieser Zustand, wenn überhaupt, in Ihren Augen für die doch so beliebig reproduzierbare Fotografie?
AG: Die Fotografie hat sicher weniger Probleme als darstellende Künste, doch ich beobachte auch eine Sehnsucht nach echter Begegnung mit Bildern an der Wand, nach persönlichem Austausch bei Vernissagen, Festivals, Symposien. So „beliebig reproduzierbar“ ist die Fotografie dann wohl doch nicht.
Gibt es eine Lieblings-Institution, die Sie stets besuchen, wenn Sie vor Ort sind?
AG: Nicht die eine, sondern je nach Ort verschiedene. Tatsächlich besuche ich immer das Sprengel Museum, wenn ich in Hannover bin. Dann C/O in Berlin, das Fotografie Forum in Frankfurt, das Folkwang Museum in Essen usw.
Welche fotografische Position hat Sie zuletzt fasziniert?
AG: Die Fotografin Elizaveta Porodina, der wir nun zum zweiten Mal eine Bildstrecke inkl. Titelseite gewidmet haben. Vielleicht würden Sie als Kurator eines Kunstmuseums sagen: Das ist angewandte Fotografie. Elizaveta Porodina arbeitet sehr erfolgreich für Magazine, Model Labels etc. und hat sich auch von Corona nicht bremsen lassen, sondern Portraits und Mode-Serien mit der Videokonferenz-Software Zoom realisiert. Ihre Arbeit ist ein kreatives Feuerwerk, sie unterscheidet selber nicht zwischen frei und angewandt und ich finde sie gerade im Vergleich mit der oft spröden aktuellen „Fotokunst“ sehr erfrischend.
Mit bestem Dank an
Anna Gripp
…ist Chefredakteurin von „PHOTONEWS. Zeitung für Fotografie”
Klasse Idee, neben der Theorie auch der “Praxis im Felde” eine Stimme im musealen Raum zu geben. Das macht definitiv Lust auf mehr. Frohe Festtage und einen Guten Rutsch in ein hoffentlich weniger eingeschränktes 2021.
P.S. auch wenn vieles selbstverstädlich scheint, ein großes Dankeschön an alle die den Sprengel-Photo-Blog mit ihrer Zeit, Kraft und Engagement ermöglichen. Qualität ist durch nichts zu ersetzen.
Worte und Bilder kommunizieren gemeinsam viel stärker als alleine. – William Albert Allard