Seit der Einführung von Tintenstrahldrucken im Bereich der bildenden Kunst im Jahr 1991 haben Sammlungen künstlerischer Fotografie einen erheblichen Zuwachs an diesen Materialien. Je mehr Tintenstrahldrucke in den Sammlungen vorhanden sind, desto dringender ist ihre fachgerechte Erhaltung.
Aus diesem Grund ist es für Restaurator*innen fotografischer Materialität wichtig, das Alterungsverhalten von Tintenstrahldrucken zu verstehen und ihre Veränderungspotentiale einschätzen zu können, um zukünftig Schäden und ihren Verfall zu vermeiden. Der kommerzielle Aspekt von Tintenstrahldrucken macht dies jedoch schwierig: verschiedenste Unternehmen stellen unzählige Materialien her. So kann eine Fotograf*in zwischen der Art des Trägers (Papier, Kunststoff, Textil, Glas oder Metall) und der Art der Tinte wählen. Selbst in der Kategorie des Papierträgers gibt es Optionen, die die endgültige Ästhetik, den Zweck, aber vor allem die langfristige Stabilität beeinflussen.
Unabhängig von der gewählten Materialkombination bleibt das Prinzip zur Herstellung des endgültigen Bildes dasselbe. Moderne Tintenstrahldrucke entstehen durch ein elektronisches Signal, das von einem Computer ausgeht und das einen Tintentropfen mithilfe eines Druckkopfes an die richtige Stelle auf dem Trägermaterial platziert. Das Prinzip klingt einfach, ist jedoch komplex und die Tinten und Papierträger für den Kunstmarkt unterscheiden sich erheblich von Ihrem Desktop-Drucker zu Hause. Die Tintenzusammensetzung und der Papierträger sind so beschaffen, dass sie den Anforderungen der Fotograf*innen an Lichtechtheit, Auflösung und Ästhetik entsprechen. Mit anderen Worten: Ein Inkjet-Foto ist Tinte auf beschichtetem Papier. Um sicherzustellen, dass die Tintentropfen an Ort und Stelle bleiben, nicht verwischen und ihre Farbintensität nicht verlieren, kommen eine Menge Chemie und Physik ins Spiel.
Fine-Art-Inkjet-Papiere haben eine so genannte Tintenempfangsschicht auf der Oberseite, die die Tinte an Ort und Stelle hält, die Auflösung des Bildes erhöht und sie schnell trocknen lässt. Durch verschiedene Zusatzstoffe in dieser Schicht kann das Aussehen des Papiers von matt bis hin zu glänzend reichen oder durch optische Aufheller auch „weißer“ erscheinen. Um eine noch bessere Auflösung und Lichtechtheit zu erreichen wird die Zusammensetzung der Tinte verändert: es handelt sich nicht nur um ein Farbmittel in Wasser. Es werden verschiedenste Chemikalien zur Veränderung der physikalischen Eigenschaften des Tintentropfens und ein Biozid hinzugefügt. Auch der Farbstoff selbst (ein Pigment) stellt eine Herausforderung dar. Pigmente sind per Definition nicht wasserlöslich, so dass der Mischung eine weitere Chemikalie hinzugefügt wird. All diese Komponenten beeinflussen das Verhalten des fertigen Tintenstrahldrucks im Verlaufe der Alterung und auch bei Restaurierungsmaßnahmen.
Auf der Colour Photography and Film Conference der Gruppo del Colore im Jahr 2024 wurde das Verhalten eines matten Fine-Art-Inkjet-Drucks gegenüber Lösemitteln vorgestellt. Dabei wurde deutlich, dass nicht nur das Lösemittel selbst, sondern auch die Art dessen Anwendung den Tintenstrahldruck beeinflussen. So gab es durch manche Lösemittel Auswirkungen auf die enthaltenen optischen Aufheller. Bei praxisnahen Tests löste keines der Lösemittel das Farbmittel an sich, jedoch veränderten einige Lösemittel die Position der Tintentropfen auf dem Papier. Im Labor zeigte sich dennoch, dass manche Lösemittel die Fähigkeit haben, die Tinte selbst zu lösen. Die Untersuchung konzentrierte sich in diesem Fall nur auf einen matten Tintenstrahldruck, jedoch könnte ein glänzender Tintenstrahldruck gänzlich anders auf Lösemittel reagieren. Daher ist weitere Forschung in diesem Gebiet immens wichtig. Noch wichtiger für die Erhaltung ist jedoch, dass dokumentiert wird, wie das Foto hergestellt wurde: welche Art von Träger, Tinte und Drucker verwendet wurde, was zum Beispiel im „Photographic Information Record“ festgehalten werden kann (Photographic Information Record). Ohne eine solche Dokumentation ist es unglaublich schwierig, die Materialkombinationen zu identifizieren und deren Alterungsverhalten vorherzusagen, was auch spätere Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen erschwert.
Tessa Maillette de Buy Wenniger
… ist eine an der Universität Amsterdam ausgebildete Fotorestauratorin, die aktuell am Sprengel Museum Hannover als Volontärin tätig ist.
BU: Detailansichten eines Tintenstrahldruckes in von links nach rechts detaillierter werdender Vergrößerung (https://www.graphicsatlas.org/)