Licht versus Lifetime

Ohne Licht geht in der Fotografie gar nichts, aber Freund ist auch Feind, durch Licht ins Leben gebracht, durch Licht zerstört, Lebensdauer versus Beleuchtung. 50 Lux forever – der Restaurator*innen Freud´ ist der Besucher*innen Leid?

Dunkle Fotografien offenbaren ihre Geheimnisse oft bei etwas mehr Beleuchtung. Zudem nimmt die Sehleistung der Betrachtenden im Alter ab und es ist mehr Licht erforderlich, um alle Details erkennen zu können. Aber die Lebensdauer der Fotografien ist begrenzt, insbesondere die der chromogenen Farbfotografien, weil die drei verwendeten Farbstoffe durch Licht ihre Farbigkeit verlieren und das in unterschiedlicher Geschwindigkeit – die Ursache für flaue rot- oder blaustichige Fotografien, die wir auch von Familienfotos kennen. Die Lichtschäden sind kumulativ – was ausbleicht wird blass und blasser – eine Restaurierung ist nicht möglich.

Die Beleuchtung muss also kontrolliert und gesteuert werden. Erreicht wird das durch eine gute Ausstellungsarchitektur, ein sensibles Lichtdesign, eine qualitativ entsprechende, möglichst UV-freie Beleuchtung und die Berücksichtigung der jährlichen Lichtdosis, die sich aus Intensität und Dauer der Beleuchtung zusammensetzt. Es wäre möglich, eine chromogene Farbfotografie bei hellen 200 Lux gut eine Woche auszustellen oder knapp vier Wochen bei 50 Lux – denn nach dem Reziprozitätsgesetz ist die Alterung eine Ähnliche, vorausgesetzt die Umgebungsbedinungen, wie z.B. das Klima, sind gleich. Das Konzept der jährlichen Lichtdosis, dass eine gewisse Flexibilität erlaubt, wird mit dem Lichtprotokoll und LUXI, einer Excel Tabelle, in die Praxis umgesetzt. Im Lichtprotokoll, als Bestandteil des allgemeinen Zustandsprotokolls, wird für jede Ausstellung und jedes Werk die Dauer und Intensität der Beleuchtung notiert, nicht zu vergessen die „Verweil- und Rüstzeiten“, also Auf- und Abbau, das Reinigungslicht etc..

Mit LUXI wird aus diesen Werten die Gesamtbeleuchtungsmenge oder Lichtdosis ermittelt. Überschreitet die Lichtdosis die festgelegten Empfehlungen, brauchen die Fotografien eine Auszeit im Depot, wie aus den Abbildungen ersichtlich. Sperrzeiten geben an, ab wann die Fotografie wieder ausgestellt werden kann. Diese Information wird in der Museumsdatenbank hinterlegt, so dass Kurator*innen und Restaurator*innen für Ausleihen und weitere Ausstellungen einen zeitlichen Überblick erhalten.

Das Lichtprotokoll und die Berechnung der Lichtdosis ermöglichen Beleuchtungsspielräume und maßgeschneiderte Lichtblicke – aber nicht jedes Jahr und auch nicht in der Dauerausstellung. Dafür aber auch in der Zukunft, für weitere Generationen.

Marjen Schmidt

…ist freiberuflich tätige Fotorestauratorin in Oberhausen bei München.

BU: Fotomontage (© Marjen Schmidt)