Bitte nicht berühren! – Fingerabdrücke auf Fotografien

Verfärbungen durch Fingerabdrücke auf historischen Fotografien sind leider ein klassisches Schadensbild, mit dem Fotografierestaurator*innen immer wieder konfrontiert sind. Oft sind diese nur als mattierte Stelle aus einem bestimmten Winkel im Streiflicht sichtbar, manchmal durch Schmutzauflagerungen bereits als Relief auf der Oberfläche und in extremen Fällen bei starker Korrosion der Bildschicht als silberne oder auch weiße Abdrücke im Bild festzustellen.

In der Restaurierung wird häufig die Handhabung von Kunst auf Papier, Büchern oder Archivalien mit gut gewaschenen Händen präferiert, da durch die größere Kontrolle beim Handling ohne Handschuhe eine geringere Gefahr von mechanischen Schäden wie Einrissen besteht. Für die Handhabung von fotografischen Materialien eignet sich reines Händewaschen und ein Handling ohne Handschuhe jedoch nicht.

Selbst bei frisch gewaschenen, sauberen Händen überträgt sich ein dünner Schweißfilm auf die Oberflächen. Dieser Schweiß, der durch Berührungen mit bloßen Fingern auf Fotooberflächen übertragen wird, enthält vor allem Chloride (Natrium- und Kaliumchlorid) und organische Verbindungen wie Fettsäuren und Harnstoff, die in Wasser gelöst sind. Die Kombination aus Chloridionen und Fettsäuren tritt in Wechselwirkung mit der Bildschicht der Fotografie, die je nach Technik aus z.B. in Gelatine eingebettetem Silber, Farbstoffen oder Pigmenten bestehen kann. Der leicht klebrige Schweißfilm bindet sofort Schmutz- und Staubpartikel, was neben einer optischen Störung des Bildeindrucks auch zu einer schnelleren Alterung an der betroffenen Stelle führen kann. Diese Korrosion ist die Ursache für die Entstehung von nicht reversiblen Fingerabdrücken, wie Klaus Hendricks und Rüdiger Krall bereits 1993 in den “Topics in Photographic Preservation” publizierten.

Während neue Abdrücke auf zeitgenössischen Hochglanzoberflächen, wenn noch rechtzeitig vor einer Wechselwirkung mit der Bildschicht entdeckt, von der Oberfläche abgenommen bzw. zumindest reduziert werden können, so haben sich durch den längeren Kontakt mit der Bildoberfläche auf historischen Fotografien oft Abdrücke durch die beschriebene Korrosion in der Oberfläche verankert und sind nicht mehr entfernbar. Bei bereits bestehenden Fingerabdrücken auf Fotografien, wie z.B. oft auf historischen Fotos in musealen Sammlungen festgestellt werden kann, ist daher die Verlangsamung der Korrosion wichtig.

Die Korrosionsgeschwindigkeit von Metallen, also analog auch die des Bildsilbers, ist dabei stark abhängig von der Luftfeuchtigkeit. Um bereits beschädigte Fotos zu schützen, sollten diese daher möglichst trocken gelagert werden, um die Abbaumechanismen zu verlangsamen. Dies ist einer der Gründe, warum in klimatisierten Fotodepots vieler Museen eine niedrigere relative Feuchte (und Temperatur) als z.B. in Depoträumen für Graphik herrscht. Empfohlene Werte liegen dabei je nach fotografischer Technik zwischen 30-50% rF.

Um die Entstehung der Schäden durch Fingerabdrücke und Handschweiß zu vermeiden, ist das Tragen von Handschuhen bei der Handhabung von fotografischen Materialien äußerst wichtig. Aber auch die Wahl der richtigen Handschuhe ist nicht unerheblich. Nitrilhandschuhe werden oft gegenüber Baumwoll-/Nylonhandschuhen präferiert verwendet, da diese enger an der Hand anliegen und eine bessere Kontrolle bei der Handhabung der Objekte ermöglichen. Je nach Hersteller können diese in ihrer Materialzusammensetzung variieren, Spuren auf der Oberfläche der Fotografien hinterlassen und sich sogar Chloridionen aus den Handschuhmaterialien übertragen, wie Catherine Stephens et al. 2022 im “Journal of the American Institute for Conservation” belegten.

Daher gilt: Wenn möglich das Berühren der Oberflächen vermeiden und Fotografien selbst mit Handschuhen möglichst nur an den Blatträndern oder den Rückseiten berühren.

Karen Köhler

…ist Restauratorin für Fotografie an der Staatsgalerie Stuttgart

BU: Bildinformationsverlust durch Fingerabdrücke auf historischer Fotografie (© Karen Köhler)

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