4 Fragen an…Nadine Wietlisbach

Das Fotomuseum Winterthur ist zweifellos das prominenteste Haus für das Medium im deutschsprachigen Raum – vor allem auch wegen der mitunter experimentell anmutenden Ausstellungen und Formate, die es seit Jahren praktiziert. Das hat sich, seitdem Du Leiterin bist und auch ein neues Team aufgebaut hast, in meiner Wahrnehmung nochmals verstärkt. Momentan seid Ihr aber im Zustand der Generalrenovierung und geschlossen. Dann kommt man vielleicht zum programmatischen Nachdenken: Würdest Du uns verraten, in welche Richtung das Haus in Zukunft gehen will?

 Danke für die Blumen, es freut uns zu lesen, wie Du das Haus einordnest!

Wir verstehen uns weiterhin als Institution, die vor Ort, online sowie unterwegs das Fotografische befragt, diskutiert und vermittelt. Das “neue” Fotomuseum Winterthur wird räumlich ein anderes Erlebnis, inhaltlich bleiben wir uns treu, nämlich aus und für die/eine Gegenwart gestaltend:

Gemeinsam mit unseren Besuchenden erkunden wir die vielfältigen Ausdrucksformen der Fotografie und wie diese zum Einsatz kommen; in der Kunst, im Alltag oder auch als aktivistisches Instrument. Die Fotografie prägt wie kaum ein anderes Medium unseren Blick auf uns und die Welt und beeinflusst unser Denken und Handeln. Wir untersuchen deshalb die soziale, kulturelle und politische Rolle der Fotografie und ihre Wirkung auf uns Menschen und unseren Alltag. Dabei beleuchten wir auch digitale und vernetzte Bildphänomene wie Selfies, Screenshots, Memes oder künstlich generierte Fotografien.

Mit der Wiedereröffnung im Frühjahr 2025 wird ein offenes Neben- und Miteinander der Formate Ausstellung, Veranstaltung und Vermittlung möglich. Die angepasste Architektur vermittelt ein Gefühl von Offenheit, welches unterschiedliche Besuchende willkommen heisst. Wir schaffen Angebote, um sich auf unterschiedlichen Ebenen mit Fotografie auseinander setzen zu können und bieten die Möglichkeit, sich zu begegnen und alleine oder gemeinsam Zeit zu verbringen.

Die Ausstellungen (monografisch, thematisch sowie sammlungsbezogen) bieten eine abwechslungsreiche Mischung. Im Gegensatz zu bisher sind die Flächen für umfangreiche Präsentationen sowie parallele Ausstellungen nutzbar. Wechselnde Werke aus der Sammlung werden über das gesamte Jahr hinweg in unterschiedlichen Formen präsentiert.

Museen müssen sich seit einigen Jahren – und spätestens seit der Pandemie hat das wohl jeder verstanden – auch im digitalen Raum positionieren. In unserem Bereich konkurriert die Materialität des fotografischen Bildes mit dem Digitalisiert: wegen Letztgenanntem kann man sich den Weg ins Museum eigentlich sparen. Was macht das so genannte „Original“ aus Deiner Sicht trotzdem attraktiv, so dass sich der Besuch dennoch lohnt?

Ich finde hierbei den Vergleich mit dem Theaterrraum hilfreich: Der theatrale sowie der museale Raum bieten eine andere – sinnlichere – Erfahrung, sie wirken körperlich. Aus meiner Sicht stehen unterschiedliche Oberflächen und Materialitäten für das Fotografische und diese Vielfalt lässt sich immer wieder neu erproben, austesten. Über den Raum, ein Buch, ein Album oder eine digitale Plattform, im Kinosaal..

Jeder von uns hat vermutlich ein oder mehrere „Lieblingsbücher“ zur Fotografie, die man immer wieder konsultiert. Ich verrate mal meines: David Campany (Hrsg), Art and Photography  – verrätst Du Deines?

Tina Campt: Listening to Images

Hast Du in den letzten Monaten eine künstlerische Entdeckung gemacht, die Dich echt umgehauen hat oder irgendwie berührt hat?

Ja, alles was ich von der britischen Schriftstellerin Bernardine Evaristo gelesen habe. Ihre radikal eigenwillige und mitreissende Schreibe begleitet mich. Als Einstieg kann ich “Manifesto: On Never Giving Up” empfehlen. Gut hast Du nur um eine künstlerische Entdeckung gebeten, sonst würde ich das Format hier sprengen.

Mit herzlichem Dank an…

Nadine Wietlisbach

…ist Direktorin des und Kuratorin am Fotomuseum Winterthur

 

BU: Porträt: Florian Spring

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