Willkommen im Club: Das erste Heft der Fotozeitschrift „die Motive“ ist erschienen

Vor vier Monaten berichteten wir bereits in diesem Blog über das Crowdfunding und warben für Unterstützung. Nun hat es geklappt: die erste Nummer von „die Motive. Zeitschrift zur Kultur der Fotografie“ ist in Hamburg erschienen.

Sie enthält 13 Beiträge, umfasst 80 Seiten und kostet 12 €. Weil man nicht damit rechnen sollte, dass der Kiosk um die Ecke sie bereits im Sortiment hat, sollte man – falls man will – sie vielleicht am ehesten über die Homepage besorgen: https://diemotive.de/shop/

Aber sollte man überhaupt wollen? – Ja, warum nicht? Zunächst einmal ist das Heft grafisch angenehm schlicht und schön, ja übersichtlich gestaltet. Es enthält Bilderstrecken, die nicht zu lang sind und die Texte an den Rand schieben. Nein, es geht zwar um Bilder, aber „die Motive“ ist eine Zeitschrift, bei der die intellektuellen Inhalte im Mittelpunkt stehen. Aber um welche Inhalte geht es dabei, wenn das selbstverliebte Hochglanz-Design hier keinen Ort findet? Kann man eine thematische Tendenz, eine Richtung feststellen? Vielleicht so mainstream-PC oder was jenseits der hedonistischen Selbstfeier gerade „in“ ist?

Diese entscheidende Frage lässt sich nicht klar beantworten – was vielleicht das größte aussprechbare Lob ist, das man einer Zeitschrift gegenwärtig machen kann. Die erste Nummer von „die Motive“ setzt mit einem Text von Bernd Stiegler ein, den der Autor selbst farbig illustriert hat und der „Eigentlich gibt es dort nichts zu sehen“ überschrieben ist. Es handelt sich um einen Reisebericht ins bosnische Medjugorje, der bisweilen literarisch anmutet, aber vor allem von den Folgen einer Marienerscheinung spricht. Anschließend stellt Lea Hilsemer in ebenfalls gut lesbarer Manier ihre Überlegungen zum Foto-Verhalten in Kunst-Institutionen vor und später wird wird der Journalist Felix Koltermann über Fotojournalismus in Israel und Palästina befragt, bevor sich Merle Radtke anhand des mittlerweile bekannten Bildes „Jennifer in Paradise“ über digitale Bearbeitungen in der zeitgenössischen Fotografie Gedanken macht. Mit-Herausgeberin Lara Loeser schreibt über ethnografische Fotografie und den Umgang mit dem postkolonialen Erbe und die Berliner Bildredakteurin Nadja Masri wird zu ihrer Klasse an der Ostkreuzschule befragt.

Wie man an dieser Auflistung merkt: die im Untertitel der Zeitschrift der „Kultur der Fotografie“ wird als äußerst vielfältig gesehen. Bevor sich im Laufe der möglichen kommenden Ausgaben eine bestimmte Richtung ausbilden sollte, präsentiert „die Motive“ inhaltliche Offenheit. Nicht jeder Leser wird sich für jeden Beitrag interessieren, aber das kann man wohl auch nicht wirklich wollen. Eine Antwort auf die skeptische Frage nach der Abgrenzung zur Beliebigkeit will der Herausgeber des Heftes, Alexander Hagmann, in seinem Editorial auf Seite 77 deshalb auch gar nicht erst geben, wenn er sie gleichwohl aufwirft: „Macht man die Fotografie thematisch zum Inhalt einer, wie auch immer gearteten, Publikation, stellt sich die unweigerliche Frage: Was kann das fotografische Bild? Und was kann es nicht?“. Ganz demonstrativ will Hagmann, der bei Susanne Brügger in Dortmund Fotografie studiert und auch einst das Magazin „cahiers“ mitbegründet hat, keine wirklich klaren Antworten liefern, sondern vielmehr „alle nur denkbaren Dimensionen (…), die mit dem Medium Fotografie in Zusammenhang stehen“ beschwören. – Gut so! Offen und neugierig bleiben! Die Leser dieses neuen Magazins werden es hoffentlich auch sein.