TRUE PICTURES? Braunschweig, Wolfsburg und Hannover

Ist Kooperation das neue Zauberwort der musealen Arbeit in Zeiten finanzieller Schwäche der öffentlichen Hand oder ist es einfach nur ein selten realisiertes Programm? 

In eigener Sache erscheint in diesem Blog selten etwas. Diesmal sei es erlaubt, zumal es nicht nur um das Sprengel Museum geht. Denn drei prominente Institutionen in Niedersachsen haben sich zusammengetan um unter der betont fragenden Überschrift „TRUE PICTURES?“ gemeinsam ein Thema zu verfolgen, das auf den ersten Blick gar nicht en vogue, ja vielleicht sogar anachronistisch zu sein scheint: die amerikanische Fotografie der Gegenwart. Mal Hand aufs Herz: Wen kennt man da überhaupt? Sicher: vier, fünf Namen fallen da ein, aber einen wirklichen Überblick besitzen wohl die wenigsten innerhalb der europäischen Fotoszene. Denn irgendwann in den neunziger Jahren, also vor gut einem Vierteljahrhundert konzentrierte man sich hierzulande auf sich selbst oder schaute (in den letzten Jahren) noch nach Afrika und Asien. Aber Amerika? Die USA galten – Obama hin, Obama her – nicht mehr unbedingt als Vorbilder, die Beschäftigung mit dieser Kunst erschien geradezu verdächtig: Immer noch diese Fixierung auf den Westen!

Und dennoch: das Photomuseum Braunschweig (11.9. — 5.12.2021), das Kunstmuseum Wolfsburg (30.10.2021 — 10.04.2022) und das Sprengel Museum Hannover (06.11.2021 — 13.02.2022) gehen ab sofort das Thema der zeitgenössischen künstlerischen Fotografie in Amerika aus unterschiedlicher Perspektive an und haben sich – wieder das Stichwort „Kooperation“ – haben sich mit diversen Universitäten und Hochschulen (Folkwang Universität der Künste, essen, Universität Hildesheim, Hochschule Hannover; Leibniz Universität Hannover; TU Braunschweig) auch in Sachen Bildung einen erweiterten Horizont gegeben. Dabei konzentriert sich das Photomuseum auf die Frage „Vom Dokument zum Konzept“, zeigt Erica Baum, Ingeborg Gerdes, Owen Gump, Rebecca Hackemann und Ketuta Alexi-Meshkishvili, während das Kunstmuseum Wolfsburg die erste deutsche Einzelausstellung von LaToya Ruby Frazier zeigt. Das Sprengel Museum beendet den Reigen mit einem großen Überblick der US-amerikanischen und kanadischen Fotografie, der 36 Positionen von Vikky Alexander bis Christopher Williams umfasst. Auch dabei sind diverse Positionen erstmals in Deutschland zu sehen. Dazu gibt es ein reichhaltiges Begleitprogramm – mit Künstler*innen-Gesprächen, dialogischen Führungen, Vorträgen, Konzerten etc. 

Also bitte: was ist „wahr“ in der zeitgenössischen Fotografie in USA und Kanada? Ist das überhaupt noch interessant, was dort produziert wird? Wie zeitgemäß und überhaupt politisch sehenswert ist das alles? Come and see!

BU: Appropriation von Ketuta Alexi-Meskhishvili, I like America and America likes me, 2020