Restaurator*in trifft auf Tesa®-Film & Co – Über den Endgegner Selbstklebeband

Immer wieder müssen wir Restaurator*innen uns mit unterschiedlichsten Selbstklebebändern auf Werken auseinandersetzen, die aus konservatorischer Sicht nicht alterungsbeständig sind und langfristig zu Schädigungen am Original führen würden. Im Laufe unserer Karriere verbringen wir zahlreiche Arbeitsstunden damit, Streifen um Streifen abzunehmen. Was innerhalb kürzester Zeit aufgeklebt ist, erfordert teils aufwendigste Gegenmaßnahmen zum Entfernen. Aber warum ist Tesa®– Film & Co bei uns Restaurator*innen so unbeliebt und was können die Alternativen sein?

Erstmal ist es durchaus nachvollziehbar, dass der Griff zum Klebeband attraktiv erscheint. Durch das nicht-wässrige Klebemittel werden beispielsweise unerwünschte Deformationen vermieden und ohne großen Aufwand kann damit schnell und einfach gearbeitet werden. Der schöne Schein trügt allerdings. Die Klebstoffe, die meist acrylat- oder kautschukbasiert sind, können sich im Laufe der Alterung vom Träger separieren und in das Werk auswandern, was zu starken Verfärbungen führen kann. Diese sind oft nur schwer oder auch gar nicht zu reduzieren und können durchaus die Gesamtästhetik und Stabilität des Werks dauerhaft negativ beeinträchtigen. Natürlich ist das alles ein Prozess, der erstmal auch unbemerkt von Statten geht. Im besten Fall können Selbstklebebänder abgenommen werden, bevor weitreichende Veränderungen aufgetreten sind. Während der Abnahme erweisen sich aber nicht selten die Kraft des Klebstoffes oder die nie enden wollende Menge verwendeter Selbstklebebändern als nur schwer bezwingbare „Endgegner“. Nicht jeder Klebstoff ist unter Zuhilfenahme von Wärme und/oder Lösemitteln abnehmbar. Mechanische Einwirkung, wie starkes Ziehen, schadet in solchen Fällen meist ausschließlich dem Original. Nicht zuletzt deshalb vermeiden wir Restaurator*innen es Selbstklebebänder direkt an Kunstwerken zu verwenden und Alternativen zu wählen, die schonend und vor allem reversibel sind. 

Als Beispiel sei hier ein konkreter Fall aufgeführt, bei dem großformatige Werke vor dem Eingang in die Sprengel Sammlung direkt mit selbstklebendem Klettband an die Ausstellungswand montiert wurden. Grundsätzlich kann das eine durchaus vertretbare und ästhetisch ansprechende Form der unverglasten Montierung sein, der sich gerade in Ausstellung zeitgenössischer Kunst gerne bedient wird und die eine größere Nähe zu den Betrachter*innen schaffen soll – nur bitte nicht unter Verwendung selbstklebender Materialien. Die enormen Kräfte des Klettselbstklebebandes reichten aus, um das Papier des Werks bereits bei der Abnahme von der Wand zu spalten und zu delaminieren, was die eigentliche Abnahme des Klebebandes zusätzlich erschwerte. Letztlich ist es beinahe unmöglich, solche Klebstoffextremisten ohne Materialverlust am Werk zu entfernen.

Die gute Nachricht ist, ein solcher restauratorischer Endkampf kann durchaus vermieden werden. Wir müssen dabei natürlich auch auf das Wissen der Kunstschaffenden selbst setzen, besser einen Bogen um Selbstklebebänder zu machen und in den Dialog um Alternativen gehen. Montierungssysteme mit Magneten beispielsweise schaffen eine vergleichbare Präsentationsästhetik und sind dabei schonender zum Material und verleiben vor allem nur für die Ausstellungsdauer auf den Werken. Win-win sozusagen. Und das klingt doch sehr zufriedenstellend, wenn es um den zu bezwingenden Endgegner Selbstklebeband geht. 

Franziska Leidig

… ist Restauratorin für Fotografie am Sprengel Museum Hannover

BU: Deutlich gealtertes Selbstklebeband auf dem Papierträger eines Tintenstrahldrucks. Die bräunlichen und gelblichen Verfärbungen zeigen, dass bereits Klebstoffbestandteile in das Papier ausgewandert sind und dieses stark geschädigt haben. (Foto: FL)

1 Kommentar zu Restaurator*in trifft auf Tesa®-Film & Co – Über den Endgegner Selbstklebeband

  1. Selbstklebebänder sind mit die von EU entwickelte Restaurierungsmaterial „Nanorestore Microemulsion B“ i n Kombination mit „Nanorestore HWR Gel“ leicht zu entfernen, ohne dass das papier nass wird!

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