Kein Licht ist auch keine Lösung

„Mehr Licht II“, wie auch der Titel der in der Abbildung gezeigten Fotografie von Sascha Weidner, würde im musealen Kontext von Werkpräsentationen nur allzu oft, wenn auch nicht seitens der Restaurator*innen, begrüßt. Museumsübliche, strenge Regularien von 50 Lux bei dreimonatigen Werkpräsentationen sind inzwischen Standard in vielen Häusern für empfindliche Arbeiten im Bereich der Grafik und Fotografie, mit dem Ziel diese auch für nachfolgende Generationen zu erhalten.

Zugegeben, rein unter ästhetischen Aspekten und aus dem Hier und Jetzt betrachtet, wäre eine Präsentation bei hellerer Beleuchtung wünschenswert, um die Werke und vor allem deren Farbigkeit besser wahrnehmen zu können. Doch haben wir nicht trotz dieser Beleuchtungsstandards bereits zu viel Licht auf den Fotografien? 

Dies liegt weniger in den Werkpräsentationen an sich begründet, als am generellen Arbeiten mit dem künstlerischen Oeuvre oder die Vor- und Nachbereitung einer Präsentation. Im Vorfeld einer Ausleihe oder Ausstellung zum Beispiel wird solch eine Arbeit oftmals unter intensiver Beleuchtung fotografiert. Da die Anforderungen an die Qualität der Abbildungen im Verlaufe der Jahre immer weiter zunehmen, müssen viele Arbeiten in regelmäßigen Abständen immer wieder fotografiert werden. Zustandsprotokolle werden, wenn auch verhältnismäßig kurz, unter vergleichsweise immenser Beleuchtungsintensität erstellt oder ggf. eine konservatorische Bearbeitung oder auch Einrahmungen eben unter dieser durchgeführt. Müssten nicht auch diese Beleuchtungszeiten mit in das „Lichtprotokoll“ einzelner Arbeiten inkludiert werden?

Was jedoch vielmehr verwundert ist, dass in Leihverträgen bisher keinerlei Präzisierungen betreffend die Dauer der Präsentationen, z.B. in Form von Lux-Stunden, angegeben sind. Bisher werden zwar 50 Lux als Standard bei der Beleuchtungsintensität für Grafik und Fotografie vertraglich formuliert, jedoch unabhängig von präzisen Angaben zur genauen Beleuchtungsdauer. Natürlich macht es aber bei einer dreimonatigen Präsentation einen erheblichen Unterschied, ob ein Haus durchgängig von 11 bis 17 Uhr geöffnet ist und währenddessen die Werke bei 50 Lux, also insgesamt mit 27.300 Lux-Stunden beleuchtet werden, oder von 10:30 bis 20 Uhr. Dies entspräche mit 43.225 Lux-Stunden einer um über ein Drittel höheren Beleuchtungsdauer der Werke, ergo eigentlich einer 4,5-monatigen Ausstellung von 11 bis 17 Uhr.  Hier sind Schließungstage sowie Beleuchtungszeiten betreffend die Reinigung der Räumlichkeiten etc. noch nicht berücksichtigt. An dieser Stelle sollten Leihverträge dringend präziser gestaltet werden. Oder eine andere Möglichkeit wäre es, derartige Hochrechnungen der zu erwartenden Lux-Stunden bei einer angefragten Leihgabe im Vorhinein bereits im Facility Report mit anzugeben. Dann wäre wesentlich präziser und transparenter, über welche Beleuchtungsdauer genau man verhandelt. 

Angesichts dieser Überlegungen muss man dennoch konstatieren, kein Licht ist auch keine Lösung, ist es doch unabdingbar, um Kunstwerke zu bewundern, auch wenn man dessen Eintrag auf die Werke so reduziert wie möglich halten sollte. 

Kristina Blaschke-Walther

…ist Restauratorin für Fotografie am Sprengel Museum Hannover und dankt Ihrer Kollegin Sabine Zorn, Leiterin der Konservierung/Restaurierung von Graphik und Fotografie in der Hamburger Kunsthalle, für die fruchtbare Diskussion zu diesem Thema

BU: Sascha Weidner “Mehr Licht II”, 2009, 120 x 120cm, chromogener Farbabzug, beidseitig kaschiert, Sprengel Museum Hannover