„Diasec“, „Face Mounting“ oder doch „bildseitig kaschiert“ – das ist hier die Frage

Als ob die unzureichende Beständigkeit eines C-Prints nicht schon allein genügend konservatorische Problemstellungen mit sich bringen würde, gibt es seit den 90er Jahren vermehrt die weiterverarbeitende Technik des bildseitigen Kaschierens mit Plexiglas.

Künstler wie Andreas Gursky, Thomas Ruff oder Sascha Weidner bedienten sich dieser Oberflächenversiegelungstechnik, um vor allem mehr Bildtiefe, einen „wet look“ und einen charakteristischen künstlerischen Ausdruck zu erzielen. Dabei wird die Bildseite der Fotografie direkt mit einem Plexiglas verklebt und damit eine Rahmung der Werke oft nicht mehr zwingend nötig, kann aber dennoch vorkommen.

Der Begriff „Diasec“ wird generell oft synonym für „face mountings“ bzw. bildseitige Kaschierungen verwendet, benennt jedoch eigentlich nur eines von vielen Kaschierverfahren, das der Schweizer Heinz Sovilla-Brulhart 1972 patentieren ließ. Technologisch präzise dürfte man folglich nur von einem „Diasec“ sprechen, wenn es sich auch wirklich um das patentierte Verfahren handelt, bei dem Silikonklebstoff zur Verklebung des Plexiglases – also des Kunststoffes PMMA (Polymethylmethacrylat) – mit der fotografischen Oberfläche zum Einsatz kommt. Daneben existieren inzwischen viele weitere bildseitige Kaschierverfahren, wie z.B. ArtSec. Hier können auch entsprechend doppelseitige Klebefolien verwendet werden, um die Fotografie mit dem Plexiglas zu verbinden. Auch müssen es heute nicht mehr nur zwingend C-Prints sein, die derart weiterverarbeitet werden, sondern zunehmend werden auch Inkjet-Prints derart oberflächenversiegelt oder direkt rückseitig auf das PMMA geprintet.

Aber was ist eigentlich genau das Problem bei derartigen Werken? Im Gegensatz zu einer Verglasung bei einer Einrahmung, die reversibel ist, kann man ein zerkratztes Plexiglas einer bildseitig kaschierten Arbeit nicht einfach austauschen. Jeder Kratzer im Plexiglas ist somit ein „direkter Schaden“ am Werk. Hinzu kommt, dass die elektrostatische Aufladung des Kunststoffes Staubartikel geradezu ans Werk zieht. In konservatorischer Fachliteratur wird jedoch empfohlen, derartige Werke gar nicht erst zu reinigen, damit nicht allein schon durch die Reinigung neue Kratzer auf dem Werk entstehen. Darüber hinaus sind die Kanten solcher Werke unheimlich empfindlich, sofern sie nicht doch durch eine Rahmenleiste geschützt werden. Unvorsichtiges Handling und ein versehentliches Anstoßen derartiger Werke muss nicht unbedingt in einem direkt sichtbaren Schaden resultieren. Oft zeigt sich in der Verglasung erst Jahre später ein sogenanntes „Crazing“, also Spannungsrisse in derselben, deren Ursache in einer mechanischen Beanspruchung bereits Jahre zurückliegen kann. Darüber hinaus können sich die verschiedenen Schichten und somit auch Materialitäten des Werkes – Plexiglas, Klebemittel, C-Print, Klebemittel, meist eine Polyvinylchloridkunststoffrückwand, aufgeklebter Metallrahmen als Aufhängung – „delaminieren“, was besonders bei häufig auftretenden, starken Klimaschwankungen ein Risiko für derartige Arbeiten bergen kann. Verliert zum Beispiel das Klebemittel der Aufhängung seine Adhäsionskräfte, kann der gesamte Materialverbund geradezu von der Wand fallen, weswegen dies bei einer hängenden Langzeitlagerung solcher Arbeiten immer berücksichtigt werden sollte.

Allgemein empfiehlt es sich bei der Lagerung von bildseitig kaschierten Arbeiten deswegen, diese möglichst abgedeckt vor Staub zu schützen, z.B. mit einem Polyestervlies. Solange das Werk nicht bewegt wird und Erschütterungen ausgesetzt ist, stellt dies kein Problem dar und es können keine neuen Kratzer in der Verglasung entstehen. Zudem sollte man eine hängende Langzeitlagerung bei starken Klimaschwankungen überdenken oder das Werk ggf. nochmals zusätzlich sichern.

Schaut man sich all diese Faktoren aus konservatorische Sicht an, kann man sich fragen: Haben wir es hier nicht eher doch mit Gemälden zu tun?

Kristina Blaschke-Walther

…ist Restauratorin für Fotografie am Sprengel Museum Hannover

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