4 Fragen an…Stephan Erfurt

In bestimmten Kreisen bist Du als Gründer und Kopf von C/O Berlin bekannt, andere sehen Dich eher als Fotografen: Wie würdest Du selbst Deine Position charakterisieren?

Fotograf war ich vor allen Dingen in der Zeit als ich für das „alte” FAZ-Magazin von 1984 bis 1999 gearbeitet habe. Nach Gründung von C/O Berlin im Jahre 2000 musste ich erfahren, dass es auf Dauer für mich schwer sein wird, mit zwei Herzen in einer Brust zu leben. Der Aufbau von C/O Berlin aus einer privaten Initiative ohne öffentliche Gelder zu einem international anerkannten Ausstellungshaus hat meine ganze Aufmerksamkeit und Energie erfordert. Als Vorstandsvorsitzender der C/O Berlin Foundation kümmere mich um unsere zahlreichen Förderer und Freunde und vernetze C/O Berlin in Politik und Gesellschaft , sowohl auf der Landes-, wie auch auf der Bundesebene. Darüber hinaus ist eine meiner wichtigsten Aufgaben die interne Personalentwicklung und natürlich das Team von C/O Berlin durch all die Höhen und Tiefen zu führen – glücklicherweise haben die Erfolgserlebnisse bisher klar überwogen. Allerdings hat mir Stephen Shore während seiner Ausstellung bei C/O Berlin einen Instagram Crash-Kurs gegeben. Seitdem macht mir die fotografische Fingerübung auf dieser Plattform richtig Spaß.

Sehen wir einmal ab von der gähnend langweiligen Frage nach dem vermeintlichen „Ende der Fotografie“: Wie siehst Du diese Bildform im Konzert der Künste? Erfüllt sie sich in einem selbstgepflegten Nischen-Dasein oder braucht sie gar keine Sonderrolle mehr beanspruchen?

Mit der Durchsetzung und Omnipräsenz der digitalen Fotografie in allen unseren Lebensbereichen ist Fotografie mehr denn je zum prägenden Medium unserer Zeit geworden. Diesen Wandel der Fotografie – von einem Medium der Abbildung hin zu einem der bedeutendsten sozialen Kommunikationsmittel unserer Zeit – werden wir bei C/O Berlin auch demnächst bei unserer Jubiläumsausstellung „Send me an Image. From Postcards to Social Media“ beleuchten. Eine Sonderrolle braucht sie daher nicht, da sie sich längst als im Konzert der Künste als Maestro bewiesen hat. 

In jüngster Zeit werden viele Hoffnungen in das offenbar entstehende Bundesinstitut für Fotografie projiziert: Was erwartest Du von dieser Institution? 

Das Bundesinstitut für Fotografie sollte sich vornehmlich darum kümmern, fotografische Archive zu sichern und mit diesen aktiv zu arbeiten. Wir benötigen eine Institution, die als ein kollektives Bildergedächtnis fungiert, die Vielzahl von archivarischen Zeugnissen der deutschen Fotografiegeschichte sichtet und für nachfolgende Generationen aufbewahrt. Wir kennen so viele Fotografen, die nicht wissen, was mit ihrem Lebenswerk passieren wird und deren eigene Bildarchive von unschätzbaren Wert sind. Hierin könnte eine Kernaufgabe des Bundesinstituts für Fotografie liegen. 

Welche fotografische Position hat Dich zuletzt fasziniert?

Francesca Woodmans Ausstellung „On Being an Angel“ bei C/O Berlin. Ihre Themen „Identität und die Inszenierung des eigenen Selbst“ sind gerade auch heutzutage für ein junges Publikum faszinierend, die in einer Gesellschaft aufwachsen, welche von Social Media und Selbstdarstellung geprägt ist. Neben aller Suche und Selbstuntersuchung erkennt man in Francesca Woodmans Bildern aber auch den Spaß und die Experimentierfreude bei allem was sie vor der Kamera tat.

Mit bestem Dank an

Stephan Erfurt

…ist Fotograf und Begründer und CEO von c/o Berlin

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