Heiter und wolkig: Wolfgang Tillmans Fest

Seine erste Einzelausstellung hatte der heute wohl populärste deutsche Fotograf auf der Rückseite eines Antiquariats: 1993 in der Kölner Galerie Buchholz, die das nun zum Anlass nimmt zusammen mit einem ihrer Topstars zu feiern. Herausgekommen ist keine besonders kohärente neue Ausstellung dieses stets von neuen Bildern sprühenden Fotografen, Videokünstlers und auch Musikers, der gerade auch zu dieser Präsentation wieder eine neue Platte (das anachronistische Medium!) veröffentlicht hat, die man schon im Schaufenster des besagten Antiquariats bestaunen kann.

Die wie immer wild präsentierten Fotos suggerieren immerhin eine Art Überblick oder Querschnitt durch das Werk des Remscheider Meisters: neben kleinen Fotos in amateurhafter Anmutung, die lapidar in eine Raumecke gepinnt sind (wie es natürlich kein Amateur je machen würde) brillieren die edel gerahmten Großformate, denen stets den Rätsel über das kaum logisch beantwortbare Phänomen der bildlichen Überwältigung mit sich führen. Und auch die Motive sind denkbar uneinheitlich, changieren sie doch von Figurenbildern am Rande der Gattung des Porträts, Stillleben und klassischen Naturansichten, die sich in Richtung Wunschlandschaften bewegen. Einzig die fabelhaften abstrakten Objekt-Bilder, mit den Tillmans vor einigen Jahren endgültig die Etablierung in der puristischen Kunst-Szene gelang, fehlen in dieser überschaubar großen Galerie-Ausstellung.

Mit dem für Tillmans bekannten Gefühl einer Mischung aus Irritation und Faszination kann man auch aus dieser dichten Ausstellung herauskommen, empfindet einen Moment der Bitterkeit der Realität beim Auftauchen aus einer ikonischen Traumwelt und mag sich zahlreiche Fragen stellen, an denen man sich lange abarbeiten kann: Soll Fotografie diese Distanz von Bild und Wirklichkeit herstellen? Trägt er als Fotograf nicht zum unkritischen Lob einer Bild-Romantik bei, die von seinen sonstigen gesellschaftspolitischen Interessen weit entfernt ist? Ist Tillmans wirklich Künstler oder nur Archivar einer clubnahen Szene? Wie gelingt es ihm in der Heterogenität der Bilder dennoch eine Art “Handschrift” des Ikonischen herzustellen? Warum erscheint die Überwältigung der bisweilen auch monumentalen Bilder von Tillmans weniger problematisch als diejenige manch anderer Zeitgenossen?

Zu welchen Antworten man auch immer kommen wird, eines offenbart auch diese Ausstellung (noch bis 7. April 2018): Tillmans verkörpert zweifellos eine singuläre Position in der Fotografie des letzten Vierteljahrhunderts, an der man nicht vorbeikommt, gerade auch weil sie nicht nur einfach konsumierbar ist.

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